Blogbeitrag von Fiona Wiedemeier, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände
In den kommenden Monaten rollt ein massiver Angriff auf die Menschenrechte und das internationale Schutzsystem an. Die sogenannte „Selbstbestimmungs“-Initiative der SVP verspricht zwar mehr Selbstbestimmung, greift in ihrem Kern aber den Schutz der Menschen- und Grundrechte an. Die Initiative ist vielmehr eine Selbstbeschneidungs-Initiative!
Die Initiative richtet sich bewusst gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), indem sie sich nur auf internationale Verträge bezieht, die nicht dem Referendum unterstanden sind (Art. 190). Damals als die Schweiz die EMRK 1974 ratifizierte, waren Staatsverträge noch nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt. Wenn also ein Widerspruch zwischen unserer Verfassung und der EMRK besteht, muss diese neu verhandelt oder gekündigt werden (Art. 56a II). Solche Widersprüche gibt es bereits heute: So widerspricht beispielsweise das Bauverbot für Minarette dem Recht auf Religionsfreiheit und die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative ohne Rücksicht auf Verhältnismässigkeit dem Recht auf Familienleben.
Folglich kann bei einer Annahme sofort die Kündigung der EMRK gefordert werden. Faktisch soll mit dieser Initiative also die Einhaltung der EMRK und die Möglichkeit der BürgerInnen, sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strasbourg zu wenden, abgeschafft werden.
Verlieren wir die EMRK, dann verlieren wir den zentralen Schutz unserer Menschenrechte
Die Menschenrechte sind zwar als Grundrechte in Art. 7 bis 35 der Bundesverfassung festgehalten. Aber unsere Grundrechte sind nicht in Stein gemeisselt. Eine Mehrheit der Stimmenden kann jeden Artikel in unserer Verfassung mit einer Volksinitiative ändern oder gar abschaffen. Ohne die EMRK, die diese Grundrechte garantiert, sind wir in Zukunft also nicht vor der Beschneidung unserer Grundrechte geschützt. Genauso kann das Parlament Gesetze erlassen, welche die von der Verfassung garantierten Rechte verletzen. Dies weil die Schweiz kein Verfassungsgericht kennt – also ein Gericht, das prüft, ob erlassene Gesetze mit der Verfassung vereinbar sind. Kurz: Unser aller Rechtsschutz würde beschnitten.
Die Anti-Menschenrechtsinitiative betrifft auch die Jugend
Auch die Rechte von Kinder und Jugendlichen würden beschnitten werden. Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention schützt das Recht auf Privat- und Familienleben. Dieser Artikel kommt beispielsweise zu tragen, wenn ein Elternteil aus der Schweiz ausgewiesen wird, das Kind aber hier aufgewachsen oder verankert ist. Der Artikel 8 beinhaltet das Recht des Kindes, im geordneten Rahmen seiner Familie aufzuwachsen.
Auch weitere wichtige internationale Menschenrechtsverträge sind potentiell gefährdet – darunter die UNO-Kinderrechtskonvention. Denn sie ist wie die EMRK nicht dem Referendum unterlegen. Die UN-Kinderrechtskonvention anerkennt Kinder als Trägerinnen und Träger eigener Rechte und trägt ihrem Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung Rechnung. Die Konvention beinhaltet wichtige Rechte auf Förderung (Recht auf Leben, Überleben und persönliche Entwicklung Art. 6), auf Schutz (Vorrang des Kindeswohls Art. 3) und formuliert als erstes Menschenrechtsinstrument überhaupt Beteiligungsrechte für Kinder (Recht auf Mitwirkung Art. 12).
Bitte helft, diesen Angriff auf die Rechte von Kinder und Jugendlichen zu vereiteln und unterstützt die Nein-Kampagne der Allianz der Zivilgesellschaft, in der sich auch die SAJV engagiert!