Blogbeitrag von Senad Gafuri, Projektleiter Fanarbeit Schweiz
Eine offene Schweiz sollte nicht nur gegen aussen offen sein, sondern auch gegen innen und tolerant gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten. Ob bei Asylsuchenden, Jugendlichen oder Fussballfans: Einzelne, negative Ereignisse werden medial ausgeschlachtet und erhitzen die Gemüter. Schnell wird der Ruf nach härteren Massnahmen laut, im (irrigen) Glauben, ein allfällig härteres Vorgehen des Staates beträfe nur die gemeinte Gruppe und nicht die ganze Gesellschaft. Zur Verhinderung von Gewalt an Sportveranstaltungen greift der Staat in verschiedene Grundrechte einschneidend ein, und zwar in einer Weise, die nicht nur für Sportfans, sondern für die ganze Gesellschaft von Bedeutung ist. Das Hooligankonkordat, die versuchte Revision des Personenbeförderungsgesetzes und die Internetfahndung verdeutlichen dies.
Das kantonale Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt, besser bekannt als Hooligankonkordat, anlässlich von Sportveranstaltungen berührt in verschiedener Hinsicht die Grenzen rechtstaatlicher Grundsätze. So gibt es Massnahmen, die massiv in die Privatsphäre (Intimkontrollen auf blossen Verdacht hin) und Freiheitsrechte (insbesondere die Bewegungsfreiheit mittels Rayonverbot oder Meldeauflage nach einmaligem Vergehen) von Fans eingreifen oder datenschutzrechtlich fragwürdig sind (HOOGAN-Datenbank).
Mit der Revision des Personenbeförderungsgesetzes wurde versucht, Grundrechte von Fans massiv einzuschränken. Schäden, die von Fans verursacht werden, sollten von den Vereinen übernommen werden und die generelle Transportpflicht (wer ein Billett hat, wird mitgenommen) aufgehoben werden. Es bestand die Gefahr, dass neben den Sportfans in Zukunft auch andere Personengruppen (wie Asylsuchende, Konzertbesucher, etc.) betroffen sein würden. Mit der Haftpflicht für die Vereine wäre die Grundlage geschaffen worden für eine Ausdehnung auf andere Veranstalter von Grossanlässen (bundesweite Feste, Konzerte, Demonstrationen).
Aktuell stellt sich die Grundrechtproblematik im Zusammenhang mit der öffentlichen Fahndung mittels Internet. Die Fahndung über das Internet, insbesondere über die sozialen Medien, kann bei Betroffenen neben den juristischen auch empfindliche soziale Folgen (insbesondere eine Doppelbestrafung wegen der Langlebigkeit von Bildern im Internet) nach sich ziehen. Die gesetzliche Regelung ist unklar, obwohl die Internetfahndung gegen zwei rechtsstaatliche Grundsätze verstösst: Gegen die Unschuldsvermutung und den Grundsatz, dass man sich selber nicht belasten muss. Sind diese zwei fundamentalen Prinzipien eines Rechtsstaats mal aufgeweicht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch andere Teile der Gesellschaft davon betroffen werden.
Eine offene Schweiz und die Gleichbehandlung aller sind wichtige Anliegen für die Fanarbeit Schweiz. Deswegen machen wir beim Jugendkomitee für eine offene Schweiz mit.