Happy Birthday, liebe Schweiz. Wir sind froh, dass es dich gibt. Ohne Frage, du bist etwas Besonderes, als direktdemokratischer, föderalistischer Kleinstaat mit siebenköpfiger Regierung. Aber wir sind nicht einverstanden damit, wenn man aus dir immer mehr eine isolierte Insel und ein Ich-Land macht, denn wir sehen deine grössten Chancen und Möglichkeiten in der Offenheit, Toleranz und Chancengleichheit.

Wir sind jung. Wir leben in der Schweiz. Und wir möchten mitreden, wenn die Weichen für die Zukunft in diesem Land gestellt werden. Wir sind das Jugendkomitee für eine offene Schweiz.

Austausch, Diversität und Migration gehören seit jeher zur DNA der Schweiz. Und dies in ganz unterschiedlichen Formen: Schweizer Söldner kämpften beispielsweise lange in fast allen europäischen Heeren und beschützen noch heute den Papst im Vatikan. Die Schweiz hat vier offizielle Landessprachen und ist Hauptsitz verschiedener internationaler Organisationen. Und nicht zuletzt den zahlreichen ausländischen Arbeitskräften, die nach dem zweiten Weltkrieg den Schweizer Aufschwung erst ermöglichten verdankt die Schweiz ihren beispiellosen Wohlstand. Und noch heute profitieren Schweizer Spitäler, Bildungsinstitutionen und Unternehmen von ausländischen Fachkräften.

Das Ja zur „Masseneinwanderungsinitiative“ vom 9. Februar 2014 war in dieser Erfolgsgeschichte ein Wendepunkt. Das deutliche Nein zu Europa und zur Öffnung der Schweiz und hat die Jugend bis ins Mark getroffen. Weitere menschenfeindliche Vorlagen drohen auch im Wahljahr 2015 und darüber hinaus.

Abschottung ist Gift

Diese Entwicklung zum rosinenpickenden Ich-Land hat verhängnisvolle Konsequenzen: Eine weitergehende Abschottung der Schweiz ist Gift für die Jugend, die in einer digitalen, globalen und vernetzten Welt aufwächst. Wir wissen: insbesondere die Jugend braucht interkulturelle Kompetenzen, damit ihr in Zukunft alle Türen offen stehen. Grenzüberschreitende Entwicklungen, so wie die aktuellen Nöte von Menschen auf der Flucht, erfordern grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Solidarität. Aber auch innerhalb der Schweiz bringt uns Gärtchendenken nicht weiter, sondern vielmehr ein respektvolles Miteinander von Menschen unterschiedlicher Hintergründe für gemeinsame Ziele und gleiche Chancen.

Zum Geburtstag, liebe Schweiz, schenken wir dir deshalb als Erinnerung ein Gedicht von John Donne, einem englischer Schriftsteller, der zur Zeit Shakespeares gelebt hat. „No man is an Iland“, mahnt der Dichter in Alt-Englisch. Niemand ist ein „I-land“, ein Ich-Land, eine Insel. Wir möchten es dir an diesem 1. August ans Herz legen.

„Niemand ist eine Insel, begrenzt in sich selbst; jeder Mensch ist ein Stück vom Kontinent, ein Teil aus dem Ganzen; Wird ein Erdkloss weggewaschen vom Meer, so ist Europa kleiner, wie wenn’s ein Vorgebirge wäre, wie wenn’s das Haus deiner Freunde wäre oder dein eigenes; jedermanns Tod macht mich geringer, denn ich bin verstrickt ins Schicksal aller, und darum forsch nie nach, wem die Stunde schlägt; denn sie schlägt dir.“